Wirtschaft

 

Verschrottungsprämie: ein starker Impuls gegen eine forcierte Nutzung des Öffentlichen Verkehrs

 

Während Innovationen in der Vermarktung des Öffentlichen Verkehrs noch auf sich warten lassen (z.B. Österreichticket) konnte sich der Gesetzgeber sehr rasch zur althergebrachten finanziellen Unterstützung des Motorisierten Individualverkehrs entschließen. 

Die aktuellen Maßnahmen, den Pkw-Verkehr auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, umfassen fast ausschließlich kilometerabhängige Kosten, wie etwa Mautsysteme, Mineralölsteuer oder andere Ansätze. Diese sollen bei steigendem oder zumindest gleichbleibendem Kfz-Bestand zu einer Einschränkung der Pkw-Nutzung führen . Frei nach dem  Motto „Kauft Autos, aber verwendet sie so selten wie möglich - um die Umwelt zu schonen!“.

 

Erkenntnisse der wirtschaftspsychologischen Forschung geben dieser Vorgehensweise nur geringe Chancen, ökologischeres Verkehrsverhalten zu fördern. Denn die Ergebnisse zum Kauf- und Konsumverhalten zeigen, dass aktuell getätigte Investitionen einen entscheidenden Einfluss auf kommende Ausgaben haben werden. Untersuchungen über Konsumentscheidungen fassen diese Ergebnisse unter dem Begriff des Sunk-Costs-Effekts zusammen:

 

Der Sunk-Costs-Effekt

 

Nach Kirchler (1999) wirken sich Kosten (und Gewinne) nicht nur auf aktuelle, sondern auch auf zukünftige Entscheidungen aus. Demnach werden zukünftige Kosten umso bereitwilliger in Kauf genommen, je höher die vergangenen Investitionen waren. Thaler (1991, zitiert nach Kirchler, 1999) spricht in diesem Zusammenhang von Sunk-Costs-effects. Beispielsweise könnte eine Person planen, einen Urlaub mit Freunden auf Mauritius zu verbringen. Der Urlaub kostet viel Geld, etwa 5000 Euro und bereits ein halbes Jahr vorher sind 4000 Euro anzuzahlen, die uneinbringlich sind, wenn der Urlaub storniert wird. Kurz vor der Reise erfährt die Person, dass ihre Freunde aufgrund familiärer Probleme im Land bleiben werden und stattdessen einen Thermenaufenthalt um 1000 Euro pro Person verbringen werden. Damit verliert der Mauritius Urlaub viel an Attraktivität und das Interesse für den Urlaub in der Nähe mit den Freunden steigt.

 

Nun steht die Person vor den Alternativen

(a) weitere 1000 Euro für den Urlaub zu bezahlen und den Urlaub alleine auf Mauritius zu verbringen, oder

(b) auf die bereits bezahlten 4.000 Euro zu verzichten und 1000 Euro für den Urlaub in der Nähe mit den Freunden zu wählen.

Eigentlich geht es nur noch darum, für (weitere) 1000 Euro die angenehmste Alternative zu realisieren, den Urlaub mit Freuden. Allerdings wählt unter diesen Umständen kaum jemand die eigentlich attraktivere Alternative, denn die 4000 Euro stellen versunkene Kosten dar, die gerechtfertigt werden müssen. Es wird also eher Variante a gewählt, denn die angezahlte Summe von 4.000 Euro soll nicht in den Sand gesetzt werden.

 

Eine vergleichbare Sachlage trifft auf Pkw-NutzerInnen zu, welche jedenfalls mehrere tausend Euro in ein Fahrzeug investiert haben. Die Treibstoff-Kosten sind dann demzufolge ein weiteres Investieren in die versunkenen Kosten, wie es hier am Beispiel des Urlaubes dargestellt wurde, selbst wenn ein attraktives ÖV – Angebot vorhanden ist. Des weiteren rechtfertigen die bereits getätigten Ausgaben für den eigenen fahrbaren Untersatz in keiner Weise, zu einem späteren Zeitpunkt sein Geld für ein anderes Transportmittel (z.B. Fahrkarten) auszugeben. 

Aus dieser Sicht ist eine staatliche Förderung des Neuwagenkaufes über Jahre hinweg als kontraproduktiv bezüglich einer Veränderung des Mobilitätsverhaltens, hin zu häufigerer Verwendung Öffentlicher Verkehrsmittel, zu beurteilen.  Bemühungen, durch ausgeklügelte und technisch höchst aufwändige kilometerabhängige Mautsysteme, eine Einschränkung der Pkw-Fahrten zu erzielen, lassen vor diesem Hintergrund eher steigende Mauteinnahmen, als eine vermehrten Nutzung des Öffentlichen Verkehrs vermuten.  Bei jenen Pkw-Nutzern, die bislang von sich aus keine Änderungstendenzen erkennen lassen, etwa aus finanziellen oder Umweltschutzgründen, ist aus finanzieller Sicht mit hohen Widerständen bei der Änderung des Mobilitätsverhaltens zu rechnen. Selbstverständlich gibt eine Vielzahl an Mechanismen in Entscheidungsprozessen und im Verkehrsverhalten selbst, aber schon aus den hier dargestellten Ergebnissen zeigt sich, dass der Gesetzgeber planende Aufgaben verstärkt wahrnehmen sollte, indem er einerseits angemessene finanzielle Anreize für ein nachhaltiges Mobilitätsverhalten schafft und andererseits auch ein Mobilitätsangebot garantiert, welches menschlichen Bedürfnissen und Entscheidungen optimal entgegen kommt. 

 

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Literaturhinweis:

Kirchler, E. (1999). Wirtschaftspsychologie - Grundlagen und Anwendungsfelder der Ökonomischen Psychologie. Göttingen: Hogrefe.

 

      

   

 

 

 

 

 

  Aktualisiert am 18.4.2010

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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